»Belinda« von Maria Edgeworth

In »Belinda« von Maria Edgeworth (*01.01.1767, † 22.05.1849) begleiten wir die titelgebende Protagonistin bei ihrer Einführung in die Londoner High Society. Dabei lernt Belinda, dass bei den feinen Damen und Herren vieles ganz anders ist, als es den Anschein macht. »Belinda« wurde 1801 veröffentlicht und ist Edgeworths erster Gesellschaftsroman.

Handlung

Auf Anraten ihrer Tante, die viel Erfahrung im Verkuppeln hat, reist die junge Belinda Portman zu Lady Delacour nach London. Die beliebte Delacour soll Belinda den Eintritt in die feine Londoner Gesellschaft ermöglichen. Das Vorhaben erweist sich jedoch schwieriger als gedacht. Angekommen in London stellt Belinda fest, dass alles ganz anders ist, als sie es sich vorgestellt hat, vor allem Lady Delacour. Belinda ist also auf sich allein gestellt und muss ihrem Instinkt vertrauen. Dabei hätte sie Hilfe gut brauchen können, da sie die Bekanntschaft des begehrten Junggesellen Clarence Hervey macht.

Figuren

Belinda Portman ist die netteste, feinfühligste und liebevollste Figur. Zu Beginn des Buches steht sie noch zu sehr unter dem Einfluss ihrer Tante Mrs. Stanhope, aber sie lernt immer mehr, eigene Entscheidungen zu treffen und sich von niemanden in ihrem Urteil beeinflussen zu lassen. Es dauert auch nicht lange, bis Belinda die ersten Verehrer nachlaufen. Diese Aufmerksamkeit nutzt die junge Frau aber nicht aus, sondern bleibt bescheiden und ehrlich. Belinda will niemanden täuschen oder hintergehen, da sie selbstlos und verständnisvoll ist.

Lady Delacour war sowohl für Belinda als auch für mich eine Überraschung. Während Delacour in der Öffentlichkeit lebensfroh, humorvoll und gut gelaunt ist, ist sie zu Hause das Gegenteil – launisch, unglücklich und verbittert. Dazu kommen jede Menge Probleme und Geheimnisse, von denen man zunächst nichts ahnt. Zu Beginn war mir Delacour ein bisschen sympathisch. Doch als ihr wahres Gesicht immer mehr offenbart wurde, machte sie sich bei mir immer unbeliebter.

Clarence Hervey ist ein Freund und Bewunderer von Lady Delacour. Aus meiner Sicht macht er die größte Entwicklung durch. Anfangs genießt Clarence es, im Mittelpunkt zu stehen und Lady Delacour zu imponieren. Er denkt, er wüsste über alles und jeden bestens Bescheid, was ihn oberflächlich und arrogant macht. Doch als Clarence Belinda kennenlernt, wird etwas in ihm ausgelöst und er wird reflektierter und vernünftiger.

Ein weiterer wichtiger Charakter ist Lady Anne Percival, da sie das Gegenteil von Lady Delacour ist. Diese Tatsache reichte der Letzteren bereits aus, um die Erstere nicht zu mögen. Lady Percival führt ein ruhiges und vor allem ein glückliches Leben. Sie braucht keine wilden Partys und genießt das Familienglück. Manchmal erinnerte mich Lady Percival an Belinda. Beide sind besonnen, hilfsbereit und versuchen immer vorurteilsfrei zu bleiben. Aus diesem Grund war es nicht verwunderlich, dass die beiden Damen sich auf Anhieb gut verstanden haben.

Außer den bereits genannten Charakteren gibt es noch viele weitere. Ich möchte jedoch nicht auf jede einzelne detailliert eingehen, da es den Rahmen dieser Rezension bei weitem sprengen würde. Ich möchte aber betonen, dass jede Figur großartig ist und ihre Rolle perfekt erfüllt. Da gibt es zum Beispiel Lady Delacours Rivalin Mrs. Harriet Freke, die nichts unversucht lässt, egal wie absurd es ist. Ihre Aktionen sorgten für einige skurrile Szenen, was eine Abwechslung zu Belindas vernünftigem Verhalten darstellte.

Schreibstil

»Belinda« spielt im frühen 19. Jahrhundert. Der Roman besteht aus drei Bänden, die einunddreißig Kapitel umfassen. Als Edgeworth 1801 ihr Werk veröffentlichte, machte sie nicht nur auf Probleme aufmerksam, sondern brach mit einigen Konventionen. Mit über fünfhundert Seiten ist das Buch ein ganz schöner Klopper und ist definitiv ein Vergnügen für mehr als einen Tag, aber Edgeworths Schreibstil lässt die Zeit wie im Flug vergehen. Sowohl mit Ironie als auch Ernsthaftigkeit geht die Autorin auf verschiedene Themen ein, zum Beispiel: Freundschaft, Liebe, Eifersucht, Krankheit, Verlust und Tod. Vor allem geht es aber um die Rolle von jungen Frauen und dem Druck, der auf sie sowohl von der Gesellschaft als auch von der Familie und damit auch von sich selbst ausgeübt wird.

Fazit

Jetzt verstehe ich, warum Jane Austen Maria Edgeworth gelobt hat. »Belinda« ist großartig und gehört definitiv zu meinen Lesehighlights 2022!

 

Bibliografische Daten
Titel: Belinda
Autorin: Maria Edgeworth
Übersetzung: Gerlinde Völker
Verlag: Reclam
ISBN: 978-3-15-011375-2
Seiten: 608

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